Wenn der Jäger mit der Schippe kommt

Christina Sehr • Mai 10, 2020
Verletzter Fuchswelpe - Jäger kommt mit Schippe, kippt ihn jedoch an den Feldrand uns lässt ihn liegen


Kreis Bad Dürkheim am Samstag, den 09.05.2020

Ein junges Paar findet während einem Waldspaziergang einen verletzten Fuchswelpen - er kann die Hinterläufe nicht mehr bewegen. Die beiden wollen dem sichtlich leidenden Tier helfen, wissen jedoch nicht, an wen sie sich wenden sollen. 

Nachdem zwei weitere Spaziergänger eingetroffen waren, verständigten diese den zuständigen Jagdausübungsberechtigten. 
Aufgrund der schwerwiegenden Verletzung war zu vermuten, dass der Welpe erlöst werden musste. 
Zu viert warteten sie, trotz der Umstände, hoffnungsvoll auf den Jäger. 
Doch was kam, war für alle Beteiligten ein Erlebnis, das sie so schnell nicht mehr vergessen werden. 

Anstatt mit einem Gewehr ausgestattet, stieg der Jäger mit einer Schippe aus seinem Auto. Seine Laune ließ, laut der Anwesenden, zu wünschen übrig. Womöglich hatte er geplant, den Welpen mit der Schippe zu "erlösen", erkannte jedoch, dass dies aufgrund der sich um den Fuchs sorgenden Anwesenden, unangebracht war. Dies bleibt jedoch an dieser Stelle nur eine Vermutung. Stattdessen hievte er das verletzte Tier auf die Schippe und kippte es ein paar Meter weiter entfernt mit einem "Plumps" geradewegs an den angrenzenden Feldrand. Ohne eine weitere Handlung stieg er wieder in sein Auto und fuhr davon. 
Das Tier lag nun an anderer Stelle - immer noch schwer verletzt. Die Anwesenden waren nun nicht nur hilflos, sondern zusätzlich erschüttert über diese Vorgehensweise. 

In ihrer Not verständigten sie die Tierrettung und schilderten den Vorfall. Ein Mitarbeiter holte das Tier ab und brachte es in eine nahegelegene Tierarztpraxis.

Es wurde Strafanzeige gegen den Jagdausübungsberechtigten wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gestellt.

Wie sich im Laufe des Vormittags herausstellte, ist der Fuchs wohlauf. Er musste nicht euthanasiert werden, wie uns gestern zunächst mitgeteilt wurde. Er wird zur weiteren Behandlung und Genesung einer Wildtierstation übergeben. 
Stellungnahme: 

Dem Tierschutz werden täglich Gründe geliefert, gegen Quälereien und Misshandlungen von Tieren vorzugehen. 
Der Staat gibt uns Richtlinien vor, welche Tiere zu schützen und welche weniger zu schützen sind, welche wir knuddeln, welche wir essen, wie wir sie halten und füttern dürfen und ja, sogar wie wir sie vergiften dürfen. 
Wer sich nicht an die vorgegebenen Gesetze und Verordnungen hält, dem drohen im Normalfall Konsequenzen. Doch gerade das deutsche Tierschutzgesetz ist in vielerlei Hinsicht nicht mehr zeitgemäß, vor allem was die Ausübung der Jagd betrifft. 
Im Rahmen unserer Arbeit durften wir einige Jagdausübungsberechtigte kennen und auch schätzen lernen. Ihnen, so wie uns, ist der Schutz des Wildes ein großes Anliegen. Ein Jäger ist also nicht immer gleich ein "böser Mensch". Er ist jedoch im Falle einer sachgemäßen Tötung eines schwerverletzten Wildtieres, unser erster Ansprechpartner. Die Betonung liegt auf sachgemäß, denn eine Tötung muss schnell und vor allem schmerzlos erfolgen, sprich effektiv. Für den einen oder anderen Tierfreund ist dies eine schreckliche Vorstellung. Doch wer bereits erfahren konnte, wie sehr ein Wildtier unter dem Handling von Menschen leidet, der mag von einem langen Verlade- und Transportweg zu einem Tierarzt absehen.

Der unsachgemäße Umgang, sowie die unsachgemäße Tötung eines Wildtieres ist eine immer wiederkehrende Problematik. 
Auch wir müssen uns während der Ausübung unserer Arbeit, an die Vorgaben des Gesetzgebers halten. Tun wir dies nicht, drohen uns Konsequenzen in Form von Strafanzeigen. 

Es ist die wichtigste Grundlage des Tierschutzgesetzes: Keinem Tier darf unnötig Leid, Schmerz und Tod zugefügt werden. Dies gilt zwar für alle Tiere uneingeschränkt, jedoch nur so weit, bis eine Tierart einer weiteren Verordnung, bzw. Gesetz, unterteilt wird. Denn in Verordnungen werden bestimmte Sachverhalte erweitert, bzw. klassifiziert, wie bspw. die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. In Verordnungen ist grundsätzlich immer von Mindestwerten auszugehen. In weiteren Gesetzen, wie z.B. dem Bundesnaturschutzgesetz, werden bestimmte Tierarten strenger geschützt. Im Bundesjagdgesetz jedoch, wird das Tierschutzgesetz, bspw. in der Ausübung der Jagd, teilweise, bis völlig entmachtet.  

Es ist richtig und vor allem auch wichtig, dass wir, die Gesellschaft, uns Gedanken über diese Unterschiede machen. Und es ist ebenso notwendig, dass der Gesetzgeber kritisiert und durchleuchtet wird. Die Politik, so wie Landwirtschaft und Jagdverbände stehen unter strenger Aufsicht der Gesellschaft. Die Menschen wollen nicht mehr verschaukelt werden, die Menschen wollen keine geknüppelten Fuchswelpen aufgereiht auf der Wiese liegen sehen und erst recht keine verantwortlichen Personen der Jagd, die sich mit aller Offensichtlichkeit keinen Deut um das Leben eines Tieres scheren. Die Gesellschaft wünscht sich Veränderungen und möchte nicht mehr an alten, königlichen Traditionen festhalten. 
Die Jagd wird bald eine andere sein, sollte sie sich nicht von Mitwirkenden dieser Art deutlich distanzieren. Dies ist in Anbetracht der Entwicklungen absehbar. 


 










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